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Engel in Not

Selten war mir unser Haus am Waldrand so einsam und unheimlich vorgekommen. Es war spät am Abend, meine Eltern waren zu Besuch bei Freunden. Ich wollte gerade ins Bett gehen, als ich ein leises Klopfen am großen Wohnzimmerfenster hörte. Ich stieg die lange Treppe hinunter und sah zum Glasfenster. Es war dunkel. Nur eine schwache Strassenlampe leuchtete und ich sah einen Schatten von einem zitterndem Knäul, das am Fenster klopfte. Ich war schon immer ängstlich gewesen, doch ich spürte einen inneren Drang, das Fenster zu öffnen. Ich ging nur langsam heran und dann sah ich es. Der Knäuel war ein kleiner Engel der vor mir stand und in der Kälte da draussen so fror. Ich öffnete das Fenster und der Knäuel, purzelte in das warme Wohnzimmer. Ich schloss es wieder und hob das kleine Ding auf. Es war so klein, dass es in meine Hand passte. Es hatte graue Flügel, ein graues dünnes Kleidchen und eine winzige Pelzkapuze an. Ich wartete ab, was als nächstes passieren würde. „Steh nicht so dumm da, wärm mich lieber auf!“, sagte eine piepsige Stimme. Ich gehorchte sofort und brachte den Kleinen in mein  Zimmer, wo ich ihn auf meine frische Decke setzte. Es kuschelte sich hinein und meinte: „Ich hab das vorher nicht so gemeint, aber ich stand schon eine ganze Ewigkeit da draussen und…Was guckst du so? Hast wohl noch nie einen Engel gesehen was? Macht nichts. Also ich heisse Digno und war vor einigen Stunden vom Himmel gefallen“ „Wow“, war das einzige, was aus mir heraus kam. Er beachtete mich nicht weiter und sprach: „Da ich im Wald gelandet bin und dies das nächste Haus war, hatte ich eben bei dir geklopft. Hab nie gedacht, dass es bei euch unten so kalt werden kann, sonst hätte ich was anderes angezogen. Wie heisst du denn überhaupt?“ „Zinta“, flüsterte ich. „Also sehr gesprächig bist du ja nicht, aber kannst du mir vielleicht helfen, wieder in den Himmel zu kommen? Ich weiss nicht genau wie das gehen soll, aber uns fällt sicher noch etwas ein“, sagte er flehend und schaute mich mit seinen Kulleraugen an. Ohne zu überlegen, nickte ich auch schon.

Am nächsten Morgen dachte ich, das wäre alles nur ein verrückter Traum gewesen, doch als ich Digno in meiner Schublade fand, zusammen gerollt in meinem getupftem Halstuch, wusste ich, dass es Wirklichkeit war. Ich machte mich frisch und frühstückte, als plötzlich Digno über mir schwebte. Er drängte mich raus zu kommen. Also liess ich mein Frühstück liegen, schrieb einen Zettel an meine Eltern, holte meinen grauen Mantel und schloss die Türe hinter mir. Es war eisig kalt am frühen Morgen, doch ich merkte nichts davon. Ich folgte nur Digno, der vor mir herum flog und mit der Kälte kämpfte. Nach einer Weile standen wir dann vor einem verlassenem Fabrikgebäude. Wir gingen durch den Hintereingang und was ich dann sah, war unglaublich. Zuerst waren es nur helle Flecken in der Luft, doch wenn man genauer drauf schaute, waren das alles kleine Engelchen. Ganz vorne schwebte ein menschengrosser Engel, der irgendetwas verkündete: „…und darum müsst ihr euch einen Menschen aussuchen und ihn darum bitten euch zu helfen. Ihr müsst mit ihm den weissen Stein finden, für jeden von euch gibt es einen.“ „Wie findet man den?“, fragte ein etwas pummliges Engelchen. „Also jeder wird einen Zettel finden“, erklärte er, „ auf dem wird dann stehen, wo ihr suchen müsst.“

Ich wunderte mich wieso mein Engelchen gewusst hatte, dass so ein Treffen satt fand. Ich fragte aber nicht. Nachdem wir das alles gehört hatten, liefen wir wieder heim. Digno war sehr müde vom Fliegen, also musste ich ihn tragen. Wir waren beide sehr aufgeregt und plauderten über das, was vorgefallen war. Ich versteckte Digno in meiner Manteltasche und wollte leise hinauf in mein Zimmer schleiche. Als meine Mutter wissen wollte, wo ich gewesen sei. Ich behauptete einen Morgenspaziergang gemacht zu haben. Sie starrte mich ungläubig an, doch sie fragte mich nicht weiter aus und kochte kopfschüttelnd weiter.

Am späten Nachmittag klatschte irgend etwas auf mein Fenster. Ich und Digno blickten vom Buch auf, das wir gerade zusammen lasen und sahen ein nasses, himmelblaues Stück Papier daran kleben. Ich holte es rein und entzifferte die ein bisschen verschwommene Schrift und las Digno vor: „Euer weisser Stein befindet sich in den Tiefen des Waldes. Ihr erkennt ihn daran, dass euer Name drauf steht und das er leuchtet. Helft euch mit euren Fähigkeiten. Gruss G. “ Na toll, dachte ich mir, im Wald, das ist ja wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Digno dachte ähnlich, das sah ich an seinem Gesichtsausdruck. Ausserdem wer war G.? War damit Gott gemeint?

Am frühen Morgen des nächsten Tages, brachen wir in den riesigen Wald auf. Wir hatten keine Ahnung wie anfangen. Zuerst schlenderten wir ein bisschen herum und hielten nach etwas Leuchtendem Ausschau. Wir merkten schnell, dass wir so nie an unser Ziel kommen würden. Also flog Digno hoch über die alten Bäume und suchte den Wald ab. Nach einigen Minuten kam er zurück und berichtete mir, dass er etwas entdeckt habe. Ich rannte hinter ihm her und kam an einer Lichtung an. Mitten drin stand ein kleines Häuschen. Es erinnerte mich an das Lebkuchenhäuschen aus Hänsel und Gretel. Ein Wunder, dass ich diese Lichtung nicht kannte. Ich umkreiste es und schaute durch die Fenster. Es war finster drin und ich sah nur einige Spinnennetze. Ich dachte mir nichts dabei und machte die morsche Türe auf und trat ein, schaute mich um und wurde stark geblendet. Jemand rief: „Schnitt! Schluss für heute. Wir werden den nächsten Teil des Filmes im Studio drehen.“

Demnächst im Kino: Engel in Not!

Autor: Anisha Parathalackal – Oktober 2009

 

 

 

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